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Cursus Omicron Excerpt

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Er hatte die Durchsage des ersten Offiziers gehört, und wusste dass die Cursus Omicron jeden Moment in den Flussraum wechseln würde. Trotzdem dachte er nicht daran, sich anzuschnallen. Zu sehr hatte ihn die Nachricht von Marley aufgewühlt. So etwas musste ausgerechnet passieren, wenn nicht in der Nähe war. Nicht einmal eine Antwort hatte er ihr geben können – dafür war das Kommunikationsfenster zu kurz gewesen.
»Verdammt, Karl – jetzt setz' dich hin und schnall' dich an. Ich habe keine Lust dem Steward erklären zu müssen, warum er deine Überreste von den Wänden putzen kann«
Schnaubend folgte Karl der Aufforderung seines Begleiters.
»Du weißt ganz genau, dass die Chance in Turbulenzen zu geraten entlang der Hauptflugrouten so gut wie Null ist«
Quesio, der ehemalige Stabsgrenadier der königlichen Zenotosianischen Armee, welcher Karl jetzt schon seit fast einem Jahr begleitete verzog die wulstigen Lippen zu einer grotesk wirkenden Grimasse, die wohl die Menschliche Mimik imitieren sollte.
»Es ist eine Vorschrift, und ich würde meinen Eid nicht ehren, wenn ich nicht hundertprozentig sicher gehen würde, dass dir nichts passiert.«
»Habe ich dir schon gesagt, wie sehr ich deine Fürsorge schätze, Quez?«
»Unter anderen Umständen hätte ich dich bereits getötet, aber meine Befehle sind da leider sehr eindeutig«
Mit einem weiteren schnauben beendete Karl die Unterhaltung, und starrte an die gegenüberliegende Wand des Abteils. Jetzt in Panik zu geraten wäre vollkommen sinnlos. Er würde die nächsten paar Wochen ohnehin nicht von diesem Transport kommen. Zumindest solange nichts außergewöhnliches mit der Cursus Omicron passierte.
Ein durchdringendes, bläuliches glühen durchzog den Raum, als der Luxusliner in den Flussraum wechselte. Auf den Raumern, auf denen sich Karl für gewöhnlich aufhielt, wurde so etwas immer durch einen Heftigen Ruck signalisiert, und von Vibrationen begleitet, die oft Stundenlang anhielten. Hier merkte man, dass es sich bei der Omicron um einen Passagierraumer handelte. Wie eine Feder im Wind ging ihm der Werbeslogan des Reiseveranstalters durch den Kopf. Sie hatten nicht übertrieben. Nach einigen Sekunden passte sich auch die Innenbeleuchtung an das Flussraumglühen an, welches sich nun langsam durch das gesamte Spektrum Richtung Rot bewegte. Sogar mit geschlossenen Augen, nahm man dieses Glühen war, als ob es jegliche Materie durchdringen würde. Das war auch der Grund, warum an die Passagiere starke Schlafmittel ausgegeben worden waren – viele Wesen konnten mit dieser Lichtbelästigung keinen Schlaf finden. Ganz im Gegensatz zu Primatenspezies. Die Menschheit, die dieser Untergruppe angehörte bildete einen weiteren Sonderfall – sie neigten dazu, beim Eintritt in den Flussraum schläfrig zu werden.
Karl erinnerte sich noch lebhaft an die Flüchtlingstransporte, damals als sie die Erde aufgegeben hatten. Er war noch klein gewesen, und in Begleitung seiner Großeltern. Das ganze war innerhalb eines Jahres passiert. Schließlich wusste man damals nicht sehr viel über den Weltraum. Man experimentierte, und die Russen hatten angeblich einen Menschen hoch geschickt.
Dann kamen die Fremden. Viele von ihnen, und niemand wusste woher sie kamen, oder was sie wollten. Bis schließlich der Präsident eine Erklärung vorgelesen hatte, und alle in die Transporte gepfercht worden waren. Etwas schreckliches war mit der Erde passiert, das war sicher – auch wenn niemand so genau wusste, was.
Die Transporte waren hoffnungslos überfüllt – offenbar hatten die Mhagrals keine Vorstellung davon, wie viel Platz ein Mensch brauchen würde. Vielleicht war es ihnen auch egal. Karl wusste nicht wie viele im Gedränge in den dunklen, stickigen Frachträumen der Transporter gestorben waren – erstickt, verdurstet oder verhungert. Die Überlebenden waren auch nicht viel besser dran gewesen, als sie endlich angekommen waren. Ausgemergelte Gerippe in einer Welt, die so fremdartig war, dass die Gastfreundschaft, die ihnen von den einheimischen entgegen gebracht wurde größtenteils spurlos an ihnen vorüber ging.
Der Planet auf dem sie gelandet waren trug einen Namen, den Karl am ehesten mit Halfàgraz wiedergeben konnte, was aber unter anderem daran Lag, dass Menschen ein drittel der Sprache der Bevölkerung gar nicht artikulieren konnten. Der Großteil der Bevölkerung von Halfàgraz bestand aus blaugrauen, untersetzten Centauroiden, die eine sehr gelassene und freundliche Art hatten. Sie waren hauptsächlich Farmer und Kaufleute, und schienen die Milliarde Menschen, die plötzlich auch auf ihrem Planeten lebten ziemlich ruhig zu akzeptierten. Jemand hatte einmal die Theorie aufgestellt, dass die Halfàgrazen sich so sehr um die Menschen sorgten, weil ein wohlgenährter Mensch für Hlfàgraz-Maßstäbe noch immer halb verhungert wirkte.

»Wach auf, Mensch.«
Karl blinzelte verschlafen. Der Flussraum musste zugeschlagen haben. Er warf Quesio durch einen Schleier aus Tränenflüssigkeit und verklebten Wimpern einen fragenden Blick zu.
»Wir sind auf einer stabilen Flugbahn. Ich dachte mir, wir sollten die Annehmlichkeiten des Schiffes in Anspruch nehmen«
»Wie lange war ich weg?« fragte Karl, als er sich los schnallte, und die Augen rieb.
»Nicht ganz eine Stunde. Du machst dem Ruf deines Volkes alle Ehre – schläfst einfach während des Sprunges ein.«
»Du weißt doch längst, dass wir Menschen zu allem fähig sind« entgegnete Karl mit einem lächeln, streckte sich und schickte sich an die Türe zu öffnen.
Die Abteiltür glitt lautlos nach oben, als Quesio Karl den weg abschnitt um als erster durch die Türe zu treten.
»Schon gut. Ich hab's verstanden.« beantwortete Karl den grimmigen Blick, den ihn sein Begleiter zuwarf. Der Zenotosianer bestand darauf, immer als erster durch Türen zu gehen – das verlangte nicht nur sein Stolz, sondern auch seine – offenbar sehr ausführlichen – Befehle.

Die Galerie der Omicron war ein lichtdurchfluteter, weißer Raum, der sich auf drei Stockwerke erstreckte, von denen jedes circa vier Meter maß, die sich balkonhaft um den kreisrunden Freiraum im Zentrum der Galerie befanden. Alles war aus Metall und in weiß gehalten. Die Beschläge der Geländer und Brüstungen waren mit einem blauen Kristall beschlagen. In die kreisrunde Aussparung im Zentrum der Galerie wurde, zart und halb durchsichtig eine Holographische Karte des Raumgebietes projiziert, welches der Kreuzfahrtraumer gerade durchquerte. Die Galerie wimmelte von Wesen, aus den unterschiedlichsten Ecken und Enden der Galaxis.
Eine Gruppe transparenter Cephalopoden, hatte sich am Geländer positioniert und schien die Flugroute lebhaft zu diskutieren. Allerdings taten die Wesen das, in dem sie ihre Farben veränderten, und dazu gestikulierten. Ein gestresst wirkender T'zaraner in einem teuren, orangen Gewand, welches man am ehesten als Kaftan bezeichnen konnte bewegte sich eilig zu den Terminals, obwohl er doch genau wissen musste, dass Langstreckenkommunikation im Fluss unmöglich war. Eine Cynganische Begleitdame schien auf ihren Auftraggeber zu warten, und betrachtete gelangweilt das treiben. Eine Gruppe Centauroiden, deren Bezeichnung Karl nicht kannte kamen gerade über die Treppe vom oberen Stockwerk, und dazwischen saß eine Gruppe... Katzen. Die einzigen Tiere, die die Zerstörung der Erde überlebt hatten – und keiner konnte sich erklären wie. Die Leute von Halfàgraz sprachen gar nicht über sie, pflegten sie aber zu füttern, und überspielten nur mit mühe ihre empörtheit, als sie herausfanden, wie die neuen Primaten, die nun auf ihrem Planeten lebten mit diesen umgingen. Tatsächlich war es so, dass an jedem Ort, den Karl bisher besucht hatte, Katzen zum Landschaftsbild gehörten. Die meisten Außerirdischen pflegten einen Bogen um die Tiere zu machen, sich ihnen – bestenfalls – unterwürfig zu nähern, oder vermieden gar jeden Blickkontakt.
Quesio und Karl machten sich zielstrebig auf den Weg ins Bordrestaurant.
Leseprobe eines aktuellen Projektes. Damit ich auch 'mal Space Opera schreibe.
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